Giganten im Beet: Des Gärtners ganzer Stolz
Kürbisfest: Schwerster Kürbis mit 535 Kilo kam aus Hessen
NÜßLESHOF "Die haben alle aufgerüstet", sagte Joannis Höllein mit würdigendem Blick auf die lange Reihe dicker Kürbisse, die entlang der Straße aufgereiht lagen. Waren die ganz schweren Brocken selbst im vergangenen Jahr noch die Hingucker, bei denen die Leute vor Staunen und Unglauben nicht dran vorbei gekommen sind, fand man in diesem Jahr selbst in der Wertung für die Schulklassen Kürbisse mit Maßen, die sich durchaus auch in der GPC-Wertung hätten sehen lassen können. Das Great Pumpkin Commonwealth, die Vereinigung von Züchtern großer Kürbisse, bewertet allerdings nicht nur Kürbisse, sondern alles mögliche außergewöhnliche Gemüse. Und so fanden sich zum Kürbisfest auf dem Nüßleshof am Samstag, wo die Thüringer Meisterschaft im Kürbiswiegen nach den Regeln des GPC stattfand, auch besonders schwere Tomaten und Zucchini - Marrow, wie die Monsterteile heißen. 41 Kilo Zucchini - da könnte man meinen, es liegt ein Krokodil im Beet, aber es ist Gemüse, genauso butterzart wie ein normaler "Artgenosse", halt zehnmal schwerer. Züchter Achmed Wendt aus Schmalkalden wird den Giganten demnächst wohl auch zum Schlacht- und Erntefest in Schmalkalden vorstellen.
Die mächtigste Tomate brachte stattliche 1531 Gramm auf die Waage. Das dürfte reichen, um für vier Personen einen Salat daraus zu machen.
Auch normalerweise kleine Früchtchen können ganz schön groß werden. Hier wiegt Matthias Händel Tomaten mit Gewichten deutlich über 600 Gramm. Die Große links brachte sogar 1531 Gramm auf die Waage.
Die Dicke hat Züchter Sven Zirkelbach aus dem Fränkischen Heustreu, der mit seinem Kürbis 2010 den Titel des Deutschen Vizemeisters eingefahren hatte. Auch heuer war er mit Kürbis angereist - wieder ein dicker Kerl, aber mit 310,6 Kilo NUR der viertschwerste Kürbis beim Wiegen in Nüßles.
Zurück zu den Tomaten. Auch GPC-Beauftragter Joannis Höllein aus Unterwellenborn hatte Monstertomaten mitgebracht: Die leichteste wog 785, die schwerste 911 Gramm. "Janni", wie die Kürbiszüchter ihn nennen, staunte ein bisschen über die Entwicklung in Fambach, besonders über den Nachwuchs. Die Spanne zwischen den Ergebnissen der Alten Hasen und denen der Neulinge sei nicht mehr so groß.
Der neue Thüringenmeister: Christoph Schwarz aus Mellingen jagte seinem Kürbiszüchter-Freund Matthias Händel den Meistertitel ab. Der Siegerkürbis wog 281,8 Kilo.
Das Wiegen in Nüßles hat es bestätigt: Zwischen dem Gewicht des Thüringer Meisterkürbisses mit 281,8 Kilo (Züchter Christoph Schwarz aus Mellingen) und der Siegerkürbis aus der Schulklassenwertung (Grundschule Fambach, Klasse 3a) mit 213,8 Kilo liegt nicht mehr allzu viel Züchterglück.
Martha Oetzel (l.) zeigt stolz den Kürbis, den ihre Klasse 3a der Grundschule in die Schulwertung gegeben hat: 213,8 Kilo bringt er auf die Waage. Mit im Bild Elisa Hüfner (m) und Eva Oetzel.
"Der Nachwuchs ist insgesamt sehr vielversprechend", so der Züchter von den "CrazyCrowers", den "Verrückten Pflanzern", die vom Kürbisfieber vollends infiziert sind. "Wer das Fieber einmal hat, der hat es", gibt der Kürbisfreund zu.
Ein ganz strammer Brocken liegt zwar schon am Straßenrand, der auf den ersten Blick alle anderen Kürbisse in sich aufnehmen könnte, aber trotzdem hing ein Raunen in der Luft, als der Kleintransporter mit zwei weiteren Giganten eingefahren kam. Martin und Andreas Baumert aus Görlitz haben ihre Schwergewichte über die Autobahn gewuchtet, um in Nüßles eine offizielle GPC-Wertung zu bekommen. Der große Orange-Rote wurde als Ausstellungsstück gewogen ohne in die Wertung einzugehen, der fast genauso große Dickhäuter mit der gräulich-blassorangenen Farbe wurde gewertet - eine gute Entscheidung hatten die beiden Kürbisexperten, die schon fast alles abgeräumt haben, was es an Titeln gibt, da getroffen. Der Goldene wog NUR 373 Kilo, obwohl er fast 100 Kilo schwerer geschätzt worden war, der Graue knackte zum ersten Mal die 400 Kilo-Marke in Thüringen. Doch das sollte noch immer nicht das Highlight des Tages gewesen sein. Der letzte Dicke vom Straßenrand wurde auf die Waage gehieft - ein schicker Kerl, offensichtlich gut genährt und außerdem noch gut gepflegt. Kein Stäubchen lag an, sein Züchter, Stephan Eckardt aus Rotenburg bei Bad Hersfeld, wusste vermutlich ganz genau, was er da für ein "Schätzchen" angefüttert hat. Bescheiden meinte er, er habe den Kürbis laut Messung und Erfahrungstabelle auf ungefähr 511 Kilogramm schätzen können - nach der alten Tabelle, denn dank verbesserter Bodenbedingungen würden die Kürbisse heute meist bei gleicher Größe mehr Gewicht auf die Waage bringen. So habe man sie nach der alten Tabelle meist leichter geschätzt als sie eigentlich waren, erklärte Matthias Händel, der in Fambach genauso wie Christoph Schwarz, die Baumert-Brüder oder auch Stephan Eckardt keine Unbekannten mehr sind. Er moderierte das Wiegen und hatte allerlei spannende Informationen und Hintergrundgeschichten für das Publikum parat.
Das ist Stephan Eckardt aus Rotenburg bei Bad Hersfeld und sein halber Elefant. Der Kürbis brachte zum GPC-Wiegen am Samstag auf dem Nüßleshof stattliche 535 Kilo auf die Waage.
Bescheiden hätte Stephan Eckardt aber gar nicht sein brauchen, denn sein Schätzergebnis wurde von der Realität übertroffen. 535 Kilo zeigte die Waage an, und das Publikum applaudierte dem glücklichen Züchter. Seine Kürbispflanze war übrigens um die 70 Quadratmeter groß. Pro Quadratmeter und Woche hat er ihr zirka 30 Liter Wasser gegeben, dazu jede Menge Mist und viel Kompost. Sein erster Kürbis - vor ungefähr zehn Jahren gezüchtet - habe so um die 80 bis 100 Kilo gewogen. Die Kerne hatte der Züchter damals von einem Züchter aus Kanada gekauft. Der 535 Kilo-Gigant stamme aus einer eigenen Kreuzung aus dem letzten Jahr. Seine persönliche Bestmarke waren bisher 518 Kilo, also hat der hessische Züchter nicht nur den bisher schwersten in Thüringen gewogenen Kürbis aller Zeiten auf dem Nüßleshof aufgefahren, sondern auch noch seinen eigenen Bestwert geknackt. Da kann man nur gratulieren! Der Kürbis ist eine Freilandzüchtung, wie alle Kürbisse, die zum Kürbisfest vorgestellt wurden. "Die Züchter streiten, ob Gewächshaus was bringt oder nicht", erklärte Matthias Händel. Rekord bei den Freilandkürbissen seien bisher übrigens 604 Kilogramm.
Um solch ein Ergebnis zu erzielen, werden die Fambacher Züchter wohl noch ein bisschen üben müssen - obwohl ihre Kürbisse durch die Bank auch schon echte Hausnummern waren. So schaffte die Züchtergemeinschaft Fambach mit dem Gerät, das sie ins GPC-Wiegen geschickt hatten, den Titel "Schwerster Kürbis des Landkreises Schmalkalden-Meiningen". Das bringt ihnen ein Preisgeld von 50 Euro ein. Der Thüringenmeister kann 100 Euro mit nach Hause nehmen, der halbe Elefant hat seinem Züchter 350 Euro Preisgeld verschafft. Die Klasse 3a der Grundschule Fambach freut sich schon auf ein Wochenende auf dem Nüßleshof.
Eine tolle Sache waren in diesem Jahr auch wieder die kreativen Kürbisse. Da gab es ganze Landschaften, die mit Kürbis und anderen Materialien entwickelt wurden, geschnitzte Gesichter, Schulanfänger, Windmühlen und viele andere kreative Kürbisideen mehr. Während beim Wiegen die Fakten ausschlaggebend sind, hatte die Jury die Qual der Wahl (Die Sieger veröffentlichen wir in einer der nächsten Ausgaben).
Kürbisse nehmen übrigens nicht nur zu - das zwar in recht kurzer Zeit in enormen Mengen, wie die Nüßleser Exemplare zeigen, aber die Kraftpakete werden mit der Zeit wieder leichter, verrät Joannis Höllein. Pro Tag bis zu einem Kilo Gewichtsverlust könne man beobachten, wenn die Kürbisse zum Beispiel zur Deutschen Meisterschaft gewogen werden, anschließend bis zur Europameisterschaft eine Woche später erneut auf die Waage kommen. "Die Kürbisse sind dann immer leichter", so der GPC-Verantwortliche. Abnehmen können sie durch Verdunstung von alleine. Zum Wachsen brauchen sie Hilfe, um so groß werden zu können. Matthias Händel erzählte, dass ein Kürbis etwa 60 bis 90 Tage brauche, um zu wachsen und auszureifen. Dabei könne er Stiele entwickeln, die zum Teil stark wie Pfosten sind und Ranken in einer Stärke, wie sie die meisten Bäume erst nach Jahren erreichen. "Je länger der Kürbis an der Pflanze bleiben kann, desto besser", so Händel. In den ersten Tagen sei der Gewichtszuwachs nur gering. Weltklasse-Kürbisse könnten später dann bis zu 20 Kilo pro Tag zulegen. Die Hauptwachstumszeit liege zwischen dem 20. und dem 60. Tag nach der Bestäubung. (sdk)
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